Günes Seyfarth und Michi Kern haben im Winter 2023 den Zuschlag für die Zwischennutzung am Hanns-Seidel-Platz bekommen. Im Interview erläutern sie ihre Idee, den weiteren Fahrplan und wie man in Neuperland mitwirken kann.
Die Bebauung am Hanns-Seidel-Platz ist weit fortgeschritten. Ziel für das vier Hektar große Areal im Zentrum Neuperlachs ist es, ein attraktives Stadtteilzentrum mit einem kulturellen Bürgerzentrum samt Sozialbürgerhaus, Geschäften, Wohnungen und einer Grünfläche zu entwickeln.
Dafür wurde 2016 vom Stadtrat der Landeshauptstadt München (LHM) der Bebauungsplan mit Grünordnung Nr. 1609 beschlossen. Es sind bereits über 420 Wohnungen, 221 Appartements für Auszubildende und 104 für Studierende entstanden, zahlreiche Geschäftsflächen sowie ein Kindertageszentrum, eine Fläche für Gemeinbedarfseinrichtungen und Künstler*innenateliers. Noch ausstehend ist die 4720 Quadratmeter große öffentliche Freifläche im Zentrum des Areals, die 2025 fertiggestellt werden soll.
Aktuell findet auf dem städtischen Grundstück, auf dem das kulturelle Bürgerzentrum entstehen wird, die Zwischennutzung Neuperland statt. Die Zwischennutzung ist ein Stadtsanierungsprojekt der LHM. Sie soll Raum für gemeinschaftliche Projekte, Begegnung und Interaktion schaffen. Dafür wurde im Sommer 2023 durch die LHM in einer öffentlichen Ausschreibung ein Nutzungskonzept für eine soziokulturelle Zwischennutzung gesucht. Den Zuschlag haben Günes Seyfarth und Michi Kern erhalten. Im Interview erläutern sie ihre Idee, den weiteren Fahrplan und wie man in Neuperland mitwirken kann.
Stellt Euch doch mal vor: Was habt Ihr gemacht? Was treibt Euch an?
Hallo, ich bin Günes Seyfarth, ich bin Unternehmerin aus München. In Neuperlach kennt man mich vielleicht schon durch die Community Kitchen im Shaere, die ich mit einem Team von 2021 bis Ende 2024 betrieben habe. Mir bereitet es große Freude, ein weißes Blatt Papier zum Leben zu erwecken. Und so ist es auch mit dem Hanns-Seidel-Platz. Ich möchte mit der Zwischennutzung dabei helfen, ihm Leben einzuhauchen.
Hi, mein Name ist Michi Kern. Ich beschäftige mich viel mit Zwischennutzungen in München. Diese Projektarbeit bietet viele Chancen und Freiheiten. Zugleich sind die verschiedenen Projekte für mich eine Entdeckungsreise durch München. Neuperlach ist für mich erst einmal neu. Ich finde es sehr spannend und habe Neuperlach schon schätzen und lieben gelernt.
Mit welcher Vision habt Ihr Euch für die Zwischennutzung am
Hanns-Seidel-Platz beworben?
Günes: Ich kenne den Hanns-Seidel-Platz schon etwas länger und denke, dass sich viele Neuperlacher*innen hier eine kulturelle Mitte wünschen. Mit den Erfahrungen der anderen Zwischennutzungen haben wir unsere Chance gesehen, hier aktiv zu werden und in Neuperlach einen Ort der Freude zu schaffen. Für mich ist das die große Leitlinie, die wir hier einbringen wollen.
Michi: Die Grundidee, um das zu erreichen, ist es, einen Erlebnis- und Begegnungsraum zu schaffen. Die Menschen sollen Lust auf den Ort bekommen. Es geht also primär erstmal darum, Infrastruktur und Möblierung zu schaffen. Wir geben dem Platz eine Benutzeroberfläche für die Menschen. Ziel ist es natürlich, die Lücke zu schließen zum geplanten und dann dauerhaften Kultur- und Bürgerzentrum, das die Stadt München entwickelt.
Die Ausstattung der Fläche ist zu Beginn eine große Herausforderung, die wir leider nicht ganz ohne Verzögerung meistern konnten. Für die nächsten drei Jahre wird sich das aber auszahlen. Es wird angenehm werden, sich in Neuperland aufzuhalten, und man wird sich willkommen fühlen.
Welche Funktionen wird diese neue Benutzeroberfläche denn bieten?
Michi: Die Fläche teilt sich aus unserer Sicht in zwei Bereiche. Zur Thomas-Dehler-Straße hin wird es ab Frühjahr grün werden, dort sollen Garten und Pflanzen hin, das wird also ein Bereich für Aufenthalt und zum Mitwirken. Richtung Busbahnhof Neuperlach-Zentrum kommen Spiel- und Sportangebote, Fußball, Basketball und Trainingsgeräte für Calisthenics, das sind Sportgeräte zum Muskeltraining für alle Altersgruppen, zudem Tischtennisplatten sowie Tische mit Schachbrett und viele Sitzgelegenheiten. Auch die Beleuchtung soll im Winter atmosphärischer werden. Bis zum Sommer 2025 wird dann noch ein kleines Gebäude für ein Gastronomieangebot, voraussichtlich ein Café, und für Veranstaltungen entstehen. Im Gebäude können Konzerte, Vorträge oder Filmvorführungen mit bis zu hundert Personen stattfinden.
Wird es Öffnungszeiten für das Areal geben?
Günes: Nein, der Zugang wird kostenlos und ohne Konsumzwang sein. Die Nutzung ist rund um die Uhr möglich, wie man das von öffentlichen Freiflächen gewohnt ist. Es gilt entsprechend auch die Nachtruhe im Außenbereich.
Teil der Ausschreibung war der Betrieb einer barrierefreien öffentlichen Toilette. Wie setzt ihr das um?
Michi: Die Toilettencontainer sind bereits aufgestellt und eingerichtet. Zu Veranstaltungen sind sie auch schon einsatzfähig. Für den Dauerbetrieb muss ein Kanalanschluss verlegt werden, was doch recht aufwendig ist. Es wird dann Kabinen für Frauen, Männer und Divers geben, zudem kommt noch ein barrierefreier WC-Container dazu. Die Toiletten werden als öffentliche Toilette mit täglicher Reinigung betrieben. Wir planen, sie rund um die Uhr zu öffnen, und sie sollen kostenfrei sein.
Was waren bislang die größten Herausforderungen für Euch?
Michi: Die Anbindung an das Perlach Plaza mit der provisorischen Böschung ist eine echte Herausforderung. Hier sammelt sich Müll. Aber wir fänden es schön, wenn die Fläche besser nutzbar wäre. Hoffentlich lesen die zahlreichen Krähen am Platz mit: Was können wir machen, damit ihr nicht kontinuierlich Tüten aus den Mülleimern angelt, um sie dann gemeinsam mit dem Wind in Neuperlach-Zentrum zu verteilen? (lacht) Die Situation nervt sicherlich nicht nur uns.
Günes: Eine Zwischennutzung dieser Größe bringt viele Akteure zusammen, die sich mit ihren Zielen und Arbeitsweisen aufeinander einstellen müssen. Das hat sich gut eingespielt und alle konnten daraus positive Erfahrungen ziehen. Und ohne die sehr engagierte Unterstützung der Stadtverwaltung würde nicht alles klappen.
Wie ist das Projekt finanziert?
Günes: Damit eine Zwischennutzung so gemeinwohlorientiert und im Sinne der Allgemeinheit umgesetzt werden kann, sind Fördermittel nötig, wir könnten das nicht ausschließlich durch Einnahmen finanzieren. Neuperland wird gefördert mit Städtebauförderungsmitteln aus dem Bayerischen Sonderfonds „Innenstädte beleben“ sowie aus dem Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“. Die Kofinanzierung erfolgt über die LHM, die uns auch die Fläche mietfrei überlässt. Wir werden trotzdem nicht umhin kommen, Einnahmen zu generieren, um Unterhalt und Projektorganisation zu finanzieren.
Wie kann man bei Neuperland mitmachen?
Michi: Zum einen kann man uns noch Vorschläge senden, was auf der Fläche an Möblierung gewünscht wird. Gibt es Interesse an einem Bücher- oder Tauschschrank, an Fahrradreparatur-Stationen oder einem Angebot für eine bestimmte Sportart?
Günes: Zum anderen haben wir den Verein „Neuperland Kulturfreunde e. V.” gegründet. Die Idee ist, dass dieser Verein einen Rahmen bildet, durch den Engagement auf der Fläche erleichtert wird. Der Verein bietet zum Beispiel Rechtssicherheit für kleine Veranstaltungen und zur Umsetzung von eigenen Ideen: vom Tischtennisturnier bis zum Freiluft-Tangoabend. Man kann Mitglied werden, wenn man auf der Fläche zum Beispiel ein Hochbeet nutzen möchte. Der Mitgliedsbeitrag beträgt pro Jahr 25 Euro. Als Mitglied nimmt man auch an Vereinssitzungen teil und wirkt so bei der inhaltlichen Ausrichtung des Vereins mit. Die Neuperland GmbH, die Michi und ich betreiben, übernimmt den Betrieb der Fläche. Der Verein unterstützt bei der inhaltlichen Bespielung und erleichtert bürger- und zivilgesellschaftliches Engagement.
Wie erfahren die Menschen von den Angeboten?
Günes: Wir versuchen, möglichst gut zu informieren, und haben dafür unsere Homepage neuperland.de wo man Aktuelles und Hintergründe findet. Abonnieren kann man uns über unseren E-Mail-Newsletter oder auf unserem Instagram-Kanal @neuperland_muc. Fragen und Anregungen können immer an
servus@neuperland.de gemailt werden. Auf der Fläche selbst wird ab 2025 das Community-Management zu festen Sprechzeiten anwesend sein, sodass direkt Fragen gestellt oder Ideen eingebracht werden können.
Eine Frage noch zum Abschluss: Was war die Idee hinter dem Namen „Neuperland”?
Günes: Neuperland, das klingt groß und nach vielschichtigen Möglichkeiten. Der Name knüpft an Neuperlach an und soll die Identität der Bewohner*innen stärken und zeigen, dass der Ort mitgestaltet werden kann. Es geht uns nicht nur darum, Aktivitäten zu fördern, sondern auch ein Gefühl von Gemeinschaft zu vermitteln
Interview: Torsten Müller,
MGS Stadtteilmanagement Neuperlach
www.neuperland.de
servus(at)neuperland.de
Instagram: neuperland_muc
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Die Stadtteilzeitung Neuperlach informiert zweimal im Jahr über die Stadtteilsanierung Neuperlachs. Ziel der Stadtteilzeitung ist es, kommunales Handeln in der Stadtteilentwicklung zu erläutern. Berichtet wird über Themen, die den Sanierungszielen des integrierten Stadtteilentwicklungskonzepts Neuperlach dienen. Dabei stellen Projekträger*innen ihre Arbeiten aus erster Hand vor.
Die Stadtteilzeitung Neuperlach erscheint in einer Auflage von ca. 11.000 Stück, wird im Sanierungsgebiet Neuperlach Nord kostenfrei an alle Haushalte verteilt und liegt in Gemeinbedarfseinrichtungen in Neuperlach aus.
Die Stadtteilzeitung Neuperlach wird herausgegeben von der Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung (MGS) im Auftrag des Referats für Stadtplanung und Bauordnung der Landeshauptstadt München. Die Redaktion übernimmt das MGS Stadtteilmanagement Neuperlach im Quidde35 – Raum für Stadtsanierung. Die Redaktion behält sich vor Beiträge zu kürzen oder abzulehnen. Es besteht kein Anspruch auf Publikation.